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„Für die Branche ist es überlebenswichtig, dass der Rettungsschirm 2021 fortgeführt wird.“

03.02.2021

Corona und kein Ende: Während sich Deutschland erneut im Lockdown befindet, wird wieder über Angebot und Sicherheit im Öffentlichen Verkehr diskutiert. Da die Fahrgäste weiterhin ausbleiben, braucht die Mobilitätsbranche auch in 2021 Unterstützung, meint Dr. Tobias Heinemann, Sprecher der Geschäftsführung der Transdev GmbH.

Herr Heinemann, die Corona-Pandemie hat sich schlimmer entwickelt als erwartet. Wie ist aktuell die Situation bei den Transdev-Betrieben?

Die betriebliche Situation bei all unseren Unternehmen ist sehr stabil. Wir erbringen das volle Fahrplanangebot. Vereinzelt wurden wir sogar gebeten, Mehrleistungen zu fahren, um für die wenig verbliebenen Fahrgäste noch mehr Platz anzubieten. Allerdings haben wir im aktuellen Lockdown nur noch 25 bis 35 Prozent der sonst üblichen Fahrgäste. Ich betone an dieser Stelle nochmals, dass wir natürlich alle Maßnahmen für eine erfolgreiche Eindämmung des Coronavirus unterstützen. Allerdings darf der für viele Fahrgäste nach wie vor notwendige Öffentliche Verkehr nicht zu stark eingegrenzt werden. Und schon gar nicht schlecht geredet werden! Es braucht klare und umsetzbare Regelungen, damit Busse und Bahnen auch während der Pandemie weiter genutzt werden können.

Einige Politiker haben sogar dazu aufgerufen, Busse und Bahnen zu meiden. Ist dies begründet?

Hier warne ich vor allzu großer Hysterie. Natürlich haben wir alle den Auftrag, unser Mobilitätsverhalten der aktuellen Situation anzupassen und unseren Beitrag zur Reduzierung von Kontakten zu leisten.

Die Verkehrsbranche tut weiterhin alles, um das Infektionsrisiko im Öffentlichen Verkehr unter Kontrolle zu halten.
Dr. Tobias Heinemann, Sprecher der Geschäftsführung der Transdev GmbH

Es gibt aber in Bussen und Bahnen – und das ist mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen – kein erhöhtes Infektionsrisiko. Konsequente Hygienekonzepte wie unter anderem Oberflächenreinigung, gute Durchlüftung der Fahrzeuge und das Tragen von medizinischen Masken gewährleisten weiterhin die hohe Sicherheit im ÖV. Viele Menschen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, sind schließlich weiterhin darauf angewiesen, täglich mit Bus und Bahn zu pendeln. Statt die Bürger*innen weiter zu verunsichern, wäre es wichtiger, das Vertrauen in die Sicherheit von Bussen und Bahnen zu stärken. Die Verkehrsbranche tut weiterhin alles, um das Infektionsrisiko unter Kontrolle zu halten.

Was halten Sie von Forderungen, das Angebot zu verdichten, um größere Abstände für die Fahrgäste zu ermöglichen?

In der Hauptverkehrszeit geht das natürlich nur noch eingeschränkt, da in der Regel dann alles, was fahren kann, bereits im Einsatz ist. Man könnte aber mittelfristig die Hauptverkehrszeiten weiter entzerren, indem zum Beispiel der Beginn der Schulzeiten gestaffelt wird. Dass aktuell viele Menschen im Homeoffice arbeiten, sorgt ebenfalls für etwas Entspannung. Auch hier wäre grundsätzlich zu überlegen, ob man in Zukunft Arbeitszeiten und -orte nicht noch flexibler organisieren könnte.

Welche finanziellen Auswirkungen haben all diese Maßnahmen auf die Verkehrsunternehmen?

Aktuell müssen wir feststellen, dass der Rückgang der Fahrgastzahlen viel größer und vor allem langanhaltender ist als im Lockdown im Frühjahr 2020. Das spüren wir bereits jetzt sehr stark und gehen auch davon aus, dass dies noch eine Weile so anhalten wird.

Ist ein weiterer Rettungsschirm für die Branche in 2021 in Planung?

Die Politik hat uns im vergangenen Jahr sehr unterstützt, dafür möchte ich mich nochmals ausdrücklich bedanken. Für die Branche ist es überlebenswichtig, dass der Rettungsschirm auch 2021 fortgeführt wird und dieses Mal alle Bundesländer die entgangenen Fahrgeldeinnahmen zu hundert Prozent ausgleichen. Alles andere wäre nicht zu verantworten! Ich wiederhole meine Botschaft aus dem letzten Jahr: Wer erwartet, dass wir das volle Fahrplanangebot aufrechterhalten, muss auch den vollen Ausgleich gewähren. Die Kosten für die erhöhte Sicherheit im ÖV werden ja bereits weitestgehend von den Verkehrsunternehmen getragen. Auch hier wünschen wir uns zukünftig mehr Unterstützung. Wir müssen uns zudem schon jetzt Gedanken darüber machen, wie wir den strukturellen Effekt durch die Corona-Pandemie langfristig in den Griff bekommen wollen.

Was meinen Sie damit?

Wie können wir das Vertrauen in öffentliche Verkehrsmittel und klimafreundliche Mobilität wiederherstellen? Wie kann es uns gelingen, trotz Corona neue Kunden zu gewinnen? Die Finanzierbarkeit des öffentlichen Verkehrs steht in den kommenden Jahren vor gewaltigen Herausforderungen. Und ohne einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs kann die Klimakrise nicht gelöst werden. Hier muss die Branche zeitnah geschlossen Konzepte bereitstellen, wie der ÖV wieder zum Rückgrat unserer Mobilität wird. Als Transdev-Gruppe werden wir jedenfalls unseren Beitrag dazu leisten!