Triebfahrzeugführerin Miriam

Als der Zug rollte, spürte ich dieses unglaubliche Gefühl, Frau der Dinge zu sein.
Miriam Rekar landete 2017 eher zufällig bei der Bayerischen Regiobahn (BRB) in Freilassing nahe der österreichischen Grenze, wo sie heute auf den BRB-Zügen im Einsatz ist. Gestartet als Versicherungskauffrau und später mit eigenem Kurierdienst eröffnete die Ausbildung zur Triebfahrzeugführerin ganz neue Perspektiven für die 52-Jährige. Nach Abschluss der Ausbildung brauchte sie nicht lange zu überlegen, um zu wissen: Hier will ich bleiben.
Miriam, warum hast Du Dich für einen Job bei einer Transdev-Tochter entschieden?
Das war Schicksal (lacht). Ich kannte die BRB ursprünglich gar nicht. Generell war mir damals die Eisenbahn-Branche noch fremd. Als passionierte Autofahrerin konnte ich meine Reisen per Bahn an einer Hand abzählen. Der Wendepunkt war eine Berufsmesse, wo ich zum ersten Mal in Kontakt mit der Branche kam. Ein Headhunter sprach mich auf die Ausbildung zur Triebfahrzeugführerin an. Ich war sofort fasziniert, als Frau solch einen zu Job machen. Da ich damals keine konkreten Pläne hatte, ließ ich mich auf das Abenteuer ein. Wenige Wochen später saß ich schon auf der Ausbildungsbank und lauschte den ersten Inhalten.
Was hattest Du zuvor gemacht?
Ich komme eigentlich aus dem kaufmännischen Bereich und habe in Heilbronn als gelernte Versicherungskauffrau als Sekretärin im Innen- und Außendienst gearbeitet. Dieser Branche kehrte ich nach einigen Jahren den Rücken und machte mich mit einem Kurierdienst selbständig. Wenn ich so darüber nachdenke, war das wohl mein erster Kontakt mit der Mobilitätsbranche.
Und wie kamst Du nach Bayern?
Die Ausbildung zur Triebfahrzeugführerin begann ich in Baden-Württemberg bei einem anderen Eisenbahnunternehmen (GoAhead). Dort war es aber nur möglich, den Theorieteil zu absolvieren. Es fehlte damals noch an Strecken und Fahrzeugen, um die Fahrpraxis zu erlangen, sodass alle 16 Auszubildenden an verschiedene Unternehmen vermittelt wurden. So kam es, dass ich mich auf einmal in Bayern beider BRB wiederfand. Das war im Oktober 2017. Von Anfang an fühlte ich mich vom Team gut aufgenommen und pudelwohl. Allerdings hatte ich zunächst so meine Probleme mit der Sprache, da der bayerische Dialekt ja schon sehr speziell ist. Aber auch daran gewöhnt man sich recht schnell. Für mich war jedenfalls schnell klar: Hier bleibe ich. Am 1. Februar 2018 war ich dann auch offiziell ausgelernte Triebfahrzeugführerin.
Was macht an der Arbeit bei der BRB besonders Spaß?
Obwohl ich stets dieselbe Strecke fahre, kann ich selbst nach drei Jahren immer noch sagen: Ich habe einen tollen, abwechslungsreichen Job. Abwechslung gibt es allein schon dadurch, dass ich jede Woche an anderen Tagen und zu unterschiedlichen Zeiten zwischen München und Salzburg fahre. Unvorhergesehene Sachen passieren – gute wie schlechte– und machen selbst die gleiche Strecke immer wieder aufregend. Gibt es etwa Störungen im Betrieb, werden diese natürlich gemeistert, da meine tollen Kolleg*innen und ich uns immer gegenseitig unter die Arme greifen.
Das Positive an diesem Job überwiegt eindeutig, und mit der Zeit lernt man, negative Kommentare nicht persönlich zu nehmen.
Wie sieht denn ein typischer Arbeitsalltag aus?
Als erstes checke ich online, welche Schichten ich arbeite, welchen Zug ich fahre und wo dieser steht. Meine Schichtbeginnt meist sehr früh morgens. Ich gehe dann in die Abstellung in Freilassing und mache den Vorbereitungsdienst. Meine Strecke ist meist Salzburg – München. In einer Schicht würde ich zwei Hin- und Rückfahrten schaffen. Oft fahre ich aber nur Teilstrecken, sodass man das nie so genau sagen kann, wie viele Strecken ich in einer Schicht fahre. Pausen habe ich meist an den Endbahnhöfen. Es kommt auch vor, dass Kolleg*innen Hilfe brauchen. Dann fasse ich natürlich gern mit an.
Hat der Beruf Deine Erwartungen erfüllt?
Ich schätze die Nähe zu Menschen sehr, auch wenn das natürlich seine Nachteile haben kann. Es wird halt gern über die Eisenbahn gemeckert: Der Zug ist nicht pünktlich oder es ist zu voll. Das war natürlich auch schon vor Corona so. Negative Kommentare machen mir aber nicht so viel aus, da das Positive eindeutig überwiegt und man mit der Zeit auch lernt, damit umzugehen und das nicht persönlich zu nehmen. Abwechslung bringen auch die Fahrgäste, die ja von Tag zu Tag variieren und immer für neue Geschichten sorgen.
Welche Highlights gab es diesbezüglich?
Ein besonderes Highlight war mal eine ältere Dame, die kurz vor Feierabend an meinen Führerstand klopfte. Ich dachte zuerst, dass sie sich beschweren will, was ja nicht selten vorkommt. Aber das Gegenteil war der Fall: Sie lobte mich für mein sanftes Anfahren und meinen gesamten Fahrstil und wollte mir dies unbedingt persönlich mitteilen. Daran denke ich sehr gerne zurück.
Eine Frau im Männerberuf, hörst Du das oft?
So etwas höre ich eigentlich nur noch bei der älteren Generation. Bei uns im Team kommen auf etwa 100 Triebfahrzeugführer*innen inzwischen zwölf Frauen. Die männlichen Fahrgäste sagen mir gerne mit Freude: Oh, ich werde heute von einer Frau gefahren. Aber auch ältere Damen sprechen mich manchmal am Gleis an und sagen mir, wie toll sie es finden, dass ich diesen Beruf ausübe und dass es eben zu ihrer Zeit nicht vorstellbar war. Bei der Berufsmesse war ich ja selbst erstaunt, dass ein Job als Triebfahrzeugführerin auch für mich infrage kommt. Während viele Männer als Kinder davon träumen, einmal einen echten Zug und nicht nur die Holzeisenbahn zu steuern, haben wir Frauen halt oft andere Traumberufe. Dennoch tut es Teams auch auf Führungsebene gut, wenn viele Frauen dabei sind. Die Mischung macht es.
Hattest Du denn nie Angst, mal so ein großes Fahrzeug zu steuern?
Eigentlich nicht. Autofahren für mich ja auch eine Selbstverständlichkeit. Aber an meine erste Fahrt mit einem Meridian erinnere ich mich natürlich noch sehr gut: Auf einmal saß ich auf dem Platz des Lokführers, sah den sich mit Fahrgästen füllenden Zug und wusste: Nun gibt es kein Zurück mehr. Da war mir schon kurz etwas mulmig zumute. Aber kaum rollte der Zug, spürte ich dieses unglaubliche Gefühl der Freude, Frau der Dinge zu sein. Das genieße ich heute noch jeden Tag!